Allianz Para Trophy

Interview mit Niklas Höfken, Cheftrainer Rollstuhltennis

„Die Aufwertung ist sensationell“

Für den World Team Cup qualifiziert, um einen Platz bei den Paralympics noch im Rennen und im Teilnehmerfeld der Allianz Para Trophy stark vertreten: Das deutsche Rollstuhltennis-Team ist aktuell in Top-Form.

Niklas, was bedeutet die Aufwertung der Allianz Para Trophy?
Der Schritt war verdient, aber auch notwendig. Ich glaube nicht, dass wir ein drittes Einladungsturnier in dieser Qualität hätten umsetzen können. Die Spieler benötigen unbedingt Weltranglistenpunkte, auch in Hinblick auf die paralympischen Spiele. Dass wir direkt als Grad 1-Turnier eingestuft wurden, ist eine Anerkennung für unsere Arbeit und Kommunikation mit der ITF, denn normalerweise muss man sich diesen Status länger erarbeiten. Wir können uns also auf die Schulter klopfen, das ist sensationell!

Was hat sich im letzten Jahr im Rollstuhltennis getan?

Das internationale Rollstuhltennis ist sehr busy, weil natürlich alle auf die paralympischen Spiele schielen. Parallel dazu folgen einige ATP-Turniere unserem Beispiel und setzen ebenfalls Rollstuhltennisturniere um. Dadurch wird die Szene größer und professioneller und das Niveau steigt. Das gilt auch für das deutsche Rolllstuhltennis. Unser aktueller deutscher Meister, Anthony Dittmar, steht mit Position 30 bis 40 in der Weltrangliste so hoch wie nie. Um sich direkt für Paris zu qualifizieren, muss er die Top-30 knacken, was ihm durchaus zuzutrauen ist. Unsere Jungs arbeiten akribisch und diszilpiniert an ihrer Form.

Was dazu geführt hat, dass sich die Herren-Nationalmannschaft im März in Lettland für den World Team Cup qualifiziert hat...
Genau, der World Team Cup ist das Pendant zum Davis Cup und das Team ist erstmals seit zehn Jahren in der Weltgruppe dabei. Es ist ein toller Erfolg, dass wir den europäischen Qualifikationswettbewerb gewonnen haben, wir hatten sehr enge und gute Matches. Das wird den Jungs einen richtigen Push geben, um diesen Platz im Mai in der Türkei auch zu halten.

Wie wirkt sich dieser Erfolg strukturell aus?
An den Rahmenbedingungen hat sich grundsätzlich nichts geändert. Es gibt immer noch die Sportförderung und einen Topf aus öffentlicher Hand für das deutsche Rollstuhltennis – damit kann sich aber kein Spieler finanzieren. Das heißt, unsere Jungs treten immer noch in Konkurrenz mit Spielern, die Vollzeitprofis sind. Nationen wie die Niederlande, Großbritannien und Japan machen vom Verband aus extrem viel – und haben in den letzten 20 Jahren entsprechend 80 Prozent der Medaillen gewonnen. Letztendlich können laut aktueller ITF-Studie nur die Top-8 bis 10 vom Rollstuhltennis leben, alle anderen zahlen drauf.

Was machst Du mit Deinem Team, um die Situation in Deutschland zu verbessern?
Wir versuchen, mit Partnern wie den Verbänden und Projekten wie „Tennis für alle“ der Gold-Krämer-Stiftung, niedrigschwellige Angebote in Vereinen zu machen. Mit Workshops, Aktionstagen und Schnupperevents bringen wir Menschen in Kontakt, fördern die Inklusion und bauen Barrieren zwischen Menschen mit und ohne Behinderung ab. Da sehe ich eine positive Tendenz, auch wenn es mir insgesamt zu langsam geht und ich mir mehr Risikobereitschaft und Entscheidungsfreude wünsche. Immerhin: Wir bekommen mehr Aufmerksamkeit und haben mehr Erfolg, es gibt eine stetig wachsende Zahl an Breitensportlern und es kommen immer mehr Kinder und Jugendliche dazu. Das ist allerdings ein positiver und notwendiger Schritt, denn der Nachwuchs, der da ist, braucht mindestens sieben Jahre, bis er bei Turnieren wie der Allianz Para Trophy dabei sein kann.

Fotocredits: ITF, Kristiana Pilaga, World Team Cup Quali